Bronchoskopie & Blutgasanalyse einfach erklärt

Bronchoskopie & Blutgasanalyse einfach erklärt

Bronchoskopie & Blutgasanalyse
Diagnostik beim lungenkranken Pferd

Wenn das Pferd plötzlich anfängt zu husten, ist guter Rat teuer. Der Tierarzt ist hier der beste Ansprechpartner, um Atemwegsproblemen auf den Grund zu gehen. Doch was, wenn Abhören, Blutuntersuchung und Medikamente keine Verbesserung bringen? Dann müssen schwerere Geschütze aufgefahren werden: Weiterführende Diagnostik hilft, die Ursache bei Atemwegsproblemen zu finden und kann ein wichtiges Puzzleteil bei der Genesung des Pferdes sein.

Zu den gängigsten weiterführenden Diagnostikmaßnahmen beim Pferd zählen Bronchoskopie und Blutgasanalyse, sowie die zytologische Auswertung von Abstrichen der Atemwege.

Blutgasanalyse und Bronchoskopie bei lungenkranken Pferden
Wenn die Ursache von Atemwegserkrankungen nach einer ersten Anamnese nicht geklärt werden kann, sollten weitere diagnostische Maßnahmen eingeleitet werden.

Blutgasanalyse (BGA) – Leistungsprobe für die Lunge

Die Blutgasanalyse ist ein weit verbreitetes diagnostisches Mittel, um die Leistungsfähigkeit der Lunge und die Sauerstoffversorgung des Pferdes in Ruhe und in Anstrengung zu ermitteln. Zudem kann die Blutgasanalyse auch zur Diagnostik von Herzkrankheiten verwendet werden. Dafür wird dem Pferd arterielles Blut abgenommen. Das abgenommene Blut wird direkt in einem Analysegerät analysiert.

Anschließend wird es für das Pferd anstrengend: 10 min im Trab und 5 min im Galopp müssen überwunden werden, bevor es zur erneuten Blutabnahme kommt. Bei Pferden mit besonders starken Atemwegsproblemen kann die Dauer der Bewegung in Absprache mit dem Tierarzt verkürzt werden, falls diese zu anstrengend für das Pferd werden. Nach der Bewegung wird zeitnah wieder arterielles Blut entnommen, welches erneut analysiert wird.

Longieren für Blutgasanalyse bei Equinem Asthma
Jetzt wird es anstrengend - für die Blutgasanalyse muss das Pferd longiert werden.

BGA – Was wird gemessen und was bedeuten die Werte?

Bei der Analyse der Blutgaswerte wird nicht etwa nur der Sauerstoffgehalt gemessen, sondern eine ganze Reihe von Messwerten erhoben. Für Laien sehen diese Werte auf den ersten Blick mehr als verwirrend aus. Wir haben aufgeschlüsselt, was die Abkürzungen bedeuten und welche Werte normal sind.
pH-Wert:
pH-Wert des Blutes. Ist der pH-Wert des Blutes zu niedrig, kann dies auf eine Azidose hinweisen. Ist der pH-Wert des Blutes dagegen zu hoch, weist dies auf eine Alkalose hin.

PaO2 (Sauerstoffpartialdruck):
Messgröße für den Anteil des Sauerstoffs im Blut. Dieser Wert hat insbesondere eine Aussagekraft über den Sauerstoffaustausch in der Lunge. Ist der arterielle Sauerstoffpartialdruck zu niedrig, weist dies auf einen Sauerstoffmangel im Blut hin, welcher durch Störungen im alveolären Gasaustausch verursacht wird.

PaCO2 (Kohlenstoffdioxidpartialdruck):
Messgröße für den Anteil von Kohlenstoffdioxid im Blut. Dieser Wert hat insbesondere eine Aussagekraft über die Ventilation der Lunge. Ist der Kohlenstoffpartialdruck im Blut zu hoch weist dies auf eine ernsthafte Störung des Gasaustausches in der Lunge hin.

HCO3- (Bicarbonatgehalt des Blutes):
Messgröße für das CO2-Bindungsvermögen des Blutes. Ist der Bicarbonatgehalt des Blutes zu hoch, kann dies auf eine Azidose hinweisen. Ist er zu niedrig, kann dies auf eine Alkalose hindeuten.

Basenabweichung:
Messgröße für das Säure-Basen-Gleichgewicht des Blutes und kann zur Abschätzung der Abweichung zur normalen Pufferkapazität genutzt werden.

AaPO2 (Alveo-arterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz):
Differenz des Sauerstoffpartialdrucks zwischen Alveolen und arteriellem Blut. Unabhängiger zu Druck und Temperatur wie der PaO2. Ein erhöhter Wert der Alveo-arteriellen Sauerstoffpartialdruckdifferenz deutet auf eine Lungenfunktionsstörung hin.

Referenzwerte für die Blutgasanalyse bei Pferden
Für die Blutgasanalyse gibt es Referenzwerte. Abweichungen sollten stets mit dem Tierarzt besprochen werden. (1,2)

Azidose und Alkalose - Wann ist das Blut zu sauer?

pH-Wert, Bicarbonat-Gehalt und Basenabweichung des Blutes geben einen Hinweis darauf, ob das Pferd auf eine Alkalose oder Azidose zusteuert oder sogar schon eine hat. Doch was bedeutet Azidose und Alkalose überhaupt? Und was haben Sie mit der Atmung zu tun. Wir erklären es Dir:

Respiratorisch bedingte Azidose:

Bei einer respiratorischen Azidose handelt es sich um ein Krankheitsbild, dass durch eine Gasaustauschstörung beim Pferd ausgelöst wird. Dabei kann das Pferd nicht mehr genug CO2 ausatmen, wodurch es zu einer Ansammlung von H+ Ionen und HCO3- Ionen im Blut kommt. Eine chronische Azidose kann nahezu asymptomatisch verlaufen. Häufig geht sie jedoch mit Atemnot, Leistungsschwäche und Gleichgewichtsstörrungen einher.

Respiratorisch bedingte Alkalose:

Eine respiratorisch bedingte Alkalose beim Pferd wird durch das überhöhte Ausatmen von CO2 ausgelöst, wie es beispielsweise bei der Hyperventilation vorkommt. Diese kommt jedoch beim Pferd nur sehr selten vor. Allerdings kann eine Alkalose sehr problematisch sein, da sich bei erhöhtem Blut-pH die Konzentration freier Kationen
erniedrigt - Herzrhythmusstörungen oder herzsynchrone Zwerchfellkontraktionen können hierdurch ausgelöst werden. Respiratorisch bedingte Alkalosen weisen NICHT auf Atemwegsprobleme hin, sondern kommen bei Extremsituationen wie starken Schmerzen oder bei neurologischen Problemen vor.
Achtung: Azidosen und Alkalosen werden nicht immer durch Atemwegsprobleme ausgelöst. Auch andere Ursachen (beispielsweise Herzprobleme, Nierenfunktionsstörrungen oder Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes) kommen als Auslöser für eine Azidose oder Alkalose in Frage.
Blutgasanalyse bei Pferden erklärt (2)
Anhand der Blutgasanalyse-Werte kann der Tierarzt eine erste Einschätzung
des Schweregrades der Atemwegserkrankung eines Pferdes vornehmen.
In der Tabelle siehst Du eine Übersicht der Schweregradeinschätzung anhand des Sauerstoffpartialdruckes (PO2) und der Alveo-arterielle
Sauerstoffpartialdruck-Differenz (AaPO2).
Hierbei ist noch wichtig zu wissen, dass es bei latenten Atemwegsproblemen aufgrund
der Kompensationsfähigkeit der Lunge zu einer Verschlechterung der Werte
während und nach der Belastung kommen kann. Deshalb macht es Sinn eine BGA
sowohl vor als auch nach der Belastung vorzunehmen.



Bronchoskopie – ein Blick auf die inneren Werte

Um sich ein genaueres Bild über den Zustand der Atemwege zu machen, kann der Tierarzt eine Bronchoskopie beim Pferd veranlassen. Hierbei wird das Pferd leicht sediert und anschließend ein flexibles Endoskop durch die Nüstern in die oberen Atemwege eingeführt. Mit Hilfe der Kamera, welche an der Spitze des Endoskops angebracht ist, ist es dem Tierarzt möglich die oberen Atemwege sowie die Luftröhre bis zur Aufteilung in die Hauptbronchien zu betrachten.

Bronchoskopie bei Pferd mit Equinem Asthma
Das Endoskop wird durch die Nüster eingeführt
Auf dem Monitor lässt sich die Endoskopie in Echtzeit verfolgen. Dabei kann der Arzt nicht nur die Menge und Beschaffenheit von Sekretansammlungen erkennen, sondern auch das Vorhandensein von Schleimhautveränderungen, wie Rötungen und Schwellungen, beurteilen.

Durch den Arbeitskanal des Endoskops kann während der Bronchoskopie eine
Probe der Schleimablagerungen genommen werden. Diese wird im Labor
zytologisch und bakteriologisch untersucht und liefert damit wichtige Hinweise
auf die Ursache der Atemwegsprobleme.

Bronchoskopie bei Pferden mit Atemwegsproblemen
Deutliche Schleimablagerungen in den Atemwegen sprechen für eine chronische Atemwegsproblematik
In besonderen Fällen oder wenn die Sekretmenge in den Atemwegen nicht ausreicht, kann eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) durchgeführt werden. Dabei wird die Lunge mit 250–500 ml Kochsalzlösung gespült, um so an Spülproben für die Untersuchungen im Labor zu gelangen.

Labordiagnostik – dem Übeltäter auf der Spur

Proben, welche während der Bronchoskopie oder durch eine BAL gewonnen wurden, werden im Labor bakteriologisch und zytologisch untersucht.
Dadurch kann Art und Ursache der Atemwegsprobleme näher eingegrenzt
werden. Doch was bedeuten die Abkürzungen und Zahlen auf dem Laborbefund eigentlich?

Werte bei Brochoskopie eines Pferdes erklärt

Was bedeutet was?

1. Neutrophile Granulozyten: Unterform der weißen Blutkörperchen und
Teil der zellulären Immunsystems. Sie sind vor allem für die Erstabwehr von Bakterien verantwortlich. Kommen diese gehäuft vor, ist dieses eine Hinweis auf entzündliche Prozesse oder Equines Asthma.

2. Alveolarmakrophagen: Fresszellen des Immunsystems, die unter anderem für die Reinigung der Lunge von Fremdpartikeln verantwortlich sind. Erhöhte Werte weisen auf bakterielle Entzündungen oder Equines Asthma hin. Bei höheren Graden des Equinen Asthmas nimmt der Anteil der Makrophagen relativ zu den Neutrophilen Granulozyten ab.

3. Phagozytotisch aktivierte Alveolarmakrophagen: Alveolarmakrophagen,
die derzeit damit beschäftigt sind, Fremdkörper aufzunehmen und zu verdauen. Erhöhte Werte weisen auf eine Entzündung hin, können aber auch auf eine Verbesserung der Selbstreinigung der Lunge nach vorangegangener Atemwegsinfektion hinweisen.

4. Eosinophile Granulozyten: Weiße Blutkörperchen, die für die zelluläre Abwehr, insbesondere von Parasiten und Würmern, zuständig sind. Eine starke Erhöhung ihres Anteils weist auf Parasitenbefall (Lungenwürmer), moderate Erhöhung deuten auf IAR oder ROA hin.

5.Mastzellen: Zellen der körpereigenen Abwehr, welche die Botenstoffe Histamin und Heparin speichern. Sie spielen insbesondere bei der Bildung von Allergien eine wichtige Rolle. Erhöhte Werte deuten daher auf ein allergisches Asthma hin.
6. Epithelzellen: Zellen der Schleimhaut, welche die Atemwege auskleidet. Vermehrtes Auftreten ist häufig ein Hinweis auf Veränderung der Schleimhäute durch chronisch-entzündliche Prozesse. Allerdings können sich besonders Plattenepithelzellen auch beim Einführen am Endoskops haften bleiben - sie bilden also nicht unbedingt einen Hinweis auf eine Krankheit der unteren Atemwege.

7. Proliferationsaktivierte Epithellzellen: Epithelzellen, welche mit der Teilung und Vermehrung beschäftigt sind.

8. Blastisch aktivierte Epithelzellen: Junge, undifferenzierte Zellen, welche sich noch nicht geteilt haben. Vermehrtes Auftreten deutet auf chronische Schädigung der Atemwege hin.

9. Keratinozyten: Auf die Produktion von Keratin spezialisierte Zellen.

10. Fädige Mukusbestandteile: Fädige und fadenziehende Bestandteile im Schleim.

11. Curschmann-Spiralen: Schleimspiralen, welche bei Bronchitis und Asthma im Auswurf vorkommen. Ihr Vorkommen ist ein charakteristischer Hinweis auf eine Obstruktion der kleinen Atemwege und eine Störung der Selbstreinigung der Bronchien.

12. Charcot-Leyden-Kristalle: Kristalline Strukturen, welche bei Krankheiten mit starker eosinophiler Komponente auftreten. Sie geben einen Hinweis auf eine allergische Bronchitis.

13. Extrazelluläre Erreger: Pilze, Bakterien und andere Erreger welche außerhalb der Zellen vorkommen. Erhöhte Werte weisen auf eine Verminderung der Selbstreinigung der Lunge und/oder schlechte Haltungsbedingungen hin. Zudem kann ein erhöhter Bakteriengehalt für eine bakterielle Ursache sprechen.

14. Tumorverdächtige Zellen: Zellen, welche Veränderungen aufweisen, welche sie verdächtig für die Bildung eines Tumors macht. Erhöhte Werte sind ein Hinweis für Tumore im Bereich der Atemwege.

Referenzwerte Brochoskopie Pferd

Was sind die Referenzwerte?

Neben den Erklärungen der Fachbegriffe ist für Pferdebesitzer besonders interessant, welche Werte physiologisch, also für den Besitzer „normal“ wären, damit dieser den Zustand seines Pferdes einschätzen kann. Für solch eine erste Einschätzung findest Du in der Tabelle entsprechende Referenzwerte.

Natürlich sollte jedes Laborergebnis mit dem Tierarzt besprochen werden, um eine eventuelle Therapie des Pferdes abzustimmen.

Nutzen und Grenzen der Bronchoskopie

Die Bronchoskopie ist eines der am häufigsten genutzten weiterführenden Diagnostikverfahren für atemwegserkrankte Pferde. Es erlaubt eine Einschätzung des Gesundheitszustands der Atemwege. Dabei kann der Tierarzt die Schleimhäute auf Rötungen, Schwellungen oder abnorme Veränderungen überprüfen. Auch die Menge und Beschaffenheit des Bronchialsekrets kann überprüft werden. Zudem bietet die Bronchoskopie die Möglichkeit Sekretproben zu entnehmen, welche im Labor analysiert werden können.

Grenzen der Bronchoskopie:
Natürlich hat die Bronchoskopie, wie jedes andere Diagnostikverfahren, auch ihre Grenzen. Diese entstehen insbesondere durch Art der Untersuchung: Mit dem Endoskop kann maximal bis zu den Hauptbronchien untersucht werden. Veränderungen in der Lunge können durch die Bronchoskopie daher nicht ermittelt werden.

Weiterführende diagnostische Maßnahmen:
Können Bronchoskopie und Blutgasanalyse keinen genaueren Aufschluss über die Ursache der Atemwegsprobleme liefern, kann der Tierarzt auf weitere diagnostische Maßnahmen zurückgreifen. Dazu zählen:

  • Ultraschall: Durch die Verwendung eines Ultraschallgerätes können Rippenfell, Herz sowie nicht lufthaltiges Lungengewebe weiter untersucht werden. Entzündliche Lungenveränderungen, Abszesse und Tumore können erkannt werden, wenn sie an der Lungenoberfläche liegen, tieferliegende Strukturen lassen sich allerdings nicht abbilden. Zudem lassen sich Flüssigkeitsansammlungen (beispielsweise durch einen Pleuraerguss) erkennen.
  • Röntgen: Da Röntgenstrahlen lufthaltiges Gewebe gut durchdringen, ist die Beurteilung der Lunge durch das Röntgen sehr gut möglich. Insbesondere pathologische Veränderungen wie Tumore, Abszesse und bei chronischen Entzündungen lassen sich auf einer Röntgenaufnahme gut erkennen. Aber auch Luft- oder Flüssigkeitsansammlungen im Bereich der Lunge (beispielsweise bei einem Pneumothorax, Lungenbluten oder einem Lungenödem) lassen sich gut abbilden. Das Röntgen zudem für die Diagnose einer Lungenentzündung genutzt.
  • Lungenbiopsie: Eine Lungenbiopsie wird vom Tierarzt vor allem dann vorgenommen, wenn sich ungewöhnliche Veränderungen des Lungengewebes beim Ultraschall oder Röntgen zeigen. Die entnommene Probe wird anschließend im Labor untersucht, um Parameter wie Entzündungswerte oder Tumorzellen zu bestimmen.

Quellen

1. Brehm, Handbuch Pferdepraxis
2. Kraft & Dürr, Klinische Labordiagnostik in der Tiermedizin


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3 Kommentare

Vielen Dank für diesen tollen Artikel. Selbst ein Laie versteht ihn und Laborbefunde bekomme einen Sinn.

Yvonne

Hallo, es hat mir geholfen, Werte besser zu verstehen und die Graviditaet einordnen zu können. Das hilft, um zu wissen wie weit ich das Pferd mobilisieren darf.

Olivia

Ein wirklich toller und für Laien gut verständlicher Beitrag. Hilfreich sind die Tabellen mit den Referenzierten.

clake

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